Die letzten Wochen waren für viele eine Tortur. Egal wie man zu der Corona-Frage steht, sie hat viele Gefühle hervorgebracht. Furcht, Angst, Hilflosigkeit, Misstrauen, Ärger, Wut aber auch Gemeinschaft, Liebe und Vertrauen. In meiner Arbeit als Psychotherapeut habe ich eine Vielzahl von Reaktionen erlebt. Bei mir selbst und auch bei Patienten. Sich gemeinsam wundern über die Situation hat neue Wege aufgezeigt und eine neue Perspektive gebracht.
Schwankende Gefühle
Ich persönlich hielt ziemlich lange die Maßnahmen für angemessen. Nach und nach ergaben die Maßnahmen aber keinen Sinn mehr für mich. Zumindest in meiner Stadt in der ich lebe: Rostock. Wir haben es sehr sehr mild erlebt. Ich glaube derzeit sind noch 8 Menschen hier erkrankt. Keiner im Krankenhaus. Trotzdem gibt es nur 1x pro Woche für einen Vormittag Schulunterricht und wir laufen mit Masken rum.
Ob das nun gerechtfertigt ist oder nicht. Meine Gefühlslage schwankte doch sehr hin und her. Mal ärgerlich, mal hilflos, resigniert und traurig. Mal hoffnungsvoll und dann wieder enttäuscht. Ich habe mich informiert. Gelesen. Mich mit Menschen darüber unterhalten.
Traurig hat mich vor allem gemacht, den emotionalen “Niedergang” meiner Tochter zu erleben. Wie sie den Appetit verlor, Magenschmerzen bekam. Alles Zeichen einer psychischen Reaktion auf das Fehlen ihrer Freunde und ihres gewohnten Ablaufs. Gerade Mädchen leiden leise! Als sensibler Mensch bekam ich das trotzdem mit.
Und an einem Tag als ich schon ganz bedröppelt zur Arbeit ging erzählte mir eine Patientin davon, wie sie jetzt damit umginge.
Energie lenken
Wir alle müssen mit schwierigen Gedanken und Gefühlen umgehen. Wenn wir unsere Energie auf Dinge richten machen wir sie größer. Die Wut, die Angst, die Traurigkeit.
Wenn wir diesen Gefühlen keine Energie zukommen werden sie nach und nach kleiner. Was ist das für eine Energie? Es ist die Aufmerksamkeit, das Grübeln, das rauskramen aus der Erinnerung
So erschaffen wir eine Welt mit Hilfe unserer Sprache und Gedanken.
Nehmen wir einen anderen Schritt. Schaffen wir uns eine kleine Änderung im Leben und Erleben.
“Ich wundere mich” ist ein schönes Beispiel. Mit dieser kleinen Phrase können wir Interesse und Neugier wecken, statt Ärger und Frust.
Probiere es mal aus: Ich wundere mich, was gerade in diesem Land los ist. Ich wundere mich, warum über die Reaktion mancher Menschen. Ich wundere mich warum alles so grimmig gucken auf der Straße.
Ich wundere mich, was mit meiner Arbeit geschieht. Ok. Hier sehen wir die Grenze dieser Phrase.
Wenn es Scheiße ist, dann isses so. Das kann man mit keinen Worten wegmachen. Trotzdem ist es wichtig nicht zu verzagen. Sondern weiter machen. Jeden Tag. Und sich lieber wundern, als ärgern oder Angst haben. Davon haben wir doch schon genug. Interesse und Neugier lassen uns weiter schauen und dahinter blicken. Wir können Dinge aus neuem Blickwinkel sehen. Und manchmal entdecken wir auch ein wenig Akzeptanz dahinter.
Gemeinsames Wundern
Lasst uns gemeinsam ein wenig leichter auf diese Zeit schauen. Mit mehr Zuversicht und Interesse. Ich kenne die Verzweiflung, die in diesen Tagen herrscht. Und wir brauchen auch ein kleines Gegengewicht. Wir müssen wie wir es früher hier immer gesagt haben: “Aus Scheiße Gold machen”…
Wir wundern uns gemeinsam und gehen gemeinsam durch die schwere Zeit. Gemeinsam können wir vieles erreichen. Und sind offen und aktiv.
Alles Gute!
Kommentare 4
Thank you, Sandro. Great post!
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Hey Donna, Thanks 🙂
Gibt’s noch dein tolles Balkonprojekt? Gemüseanbau mit Töchterchen.
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Hallo Tanja,
Wir sind umgezogen und unsere neue Wohnung hat leider keinen Balkon. Also machen wir andere Projekte wie z.B. Handstand oder Bewegungsspiele…