10 Fakten über Depression

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Depression ist eine der häufigsten psychischen Probleme, weswegen Menschen Hilfe suchen. Leider geistern vor allem im Netz zu viele halbgare Informationen über Depression umher. Deshalb heute mal wirklich echte und total wichtige Fakten über Depression.

Depression

Depression –  by unsplash

Ich kenne Depression aus eigener Anschauung und weiß sehr genau, wie es sich anfühlt mehrere Wochen nicht aus dem Bett zu kommen. Das habe ich einmal erlebt und weiß inzwischen wie ich das einordnen kann. Interessanterweise erlaube ich mir ab und zu solche „Auszeiten“. Es fällt mir schwer, aber ich versuche mich freundlicher zu behandeln falls es doch mal wieder passiert.

Was mir natürlich geholfen hat war das Faktenwissen, was ich durch mein Studium und Psychotherapieausbildung erhalten habe.

Hier meine persönlich wichtigsten Fakten über Depression:

 

1. Depression ist NORMAL!

Depression ist kein Tabu! Es gibt unzählige Artikel in vielen großen Tages- und Wochenzeitungen. Es ist ein Thema in Alltagsgesprächen. Dies zeigt: Wir können über Depression sprechen. Was schwierig ist: Wenn es uns selbst betrifft! (Auch Psychologen reden nur ungern darüber!) Depression ist ein psychischer Zustand, der sowohl in Menschen als auch in anderen Tieren vorhanden ist. Tatsächlich ist es relativ einfach Depression in Tieren zu erzeugen. Man benutzt dafür verschiedene Modelle wie z.B. soziale Isolation, Nahrungs- oder Schlafentzug, oder indem man Jungtiere ihren Müttern entzieht (Grausam, ich weiß). Tiere reagieren auf das, was in ihrer Umwelt passiert mit dem Verhalten, was ihnen möglich ist. Dabei werden bestimmte Verhaltensprogramme und Gene aktiviert. Genau so ist es auch bei Menschen. Wir reagieren emotional auf das, was in unserer Umwelt passiert und versuchen angenehme Zustände zu erreichen und unangenehme Zustände zu vermeiden.

2. Selbststigmatisierung erhöht die Scham und verringert Wahrscheinlichkeit der Behandlung #notjustsad … but having problems dealing with it

Die Initiative #notjustsad hat in den vergangenen Monaten über Twitter auf sich aufmerksam gemacht. Ich fand diese Initiative echt toll, weil sich Menschen offen äußerten über ihre Probleme. Leider gibt es aber auch ein Problem: Wer sagt, dass er eben nicht „einfach traurig“ macht einen Unterschied zwischen sich und den Anderen. Die Erfahrung von Traurigkeit und Schmerz machen alle Menschen in ihrem Leben. Es macht dabei keinen Unterschied, ob du arm oder reich, groß oder klein, männlich oder weiblich bist. Wir alle empfinden im Laufe unseres Lebens schmerzhafte Momente, Rückschläge, Niederlagen, usw. Die Frage ist: Wie gehst Du damit um? Menschen mit Depression neigen dazu sich in ihrer Sprache zu verfangen. Sie glauben ihren eigenen inneren „Gesprächen“ und fallen auf ihre innere Wortmaschine herein.

Leider fördert dieser Begriff (#notjustsad) auch die Selbststigmatisierung. Also die Idee, dass mit einem etwas nicht in Ordnung ist. Wir haben Probleme, aber wir sind nicht unsere Probleme. Niemand würde sagen, dass er ein Armgebrochener sei. Wir haben einen gebrochenen Arm. Mit deiner Person an sich ist alles in Ordnung! Du hast Schwierigkeiten, aber Du bist sie nicht.

3. Betroffene

Etwa 20% aller Menschen in Deutschland haben irgendwann man einmal eine depressive Episode von mindestens zwei Wochen. Geh mal in Gedanken fünf deiner nächsten Freunde durch. Einer von ihnen hatte mal eine oder wird noch eine depressive Phase haben. In vielen Fällen bleibt die Depression sogar unerkannt und klingt von selber wieder ab. Schwierig wird es wenn sie anhält und auch von Hausärzten nicht erkannt werden. Leider ist das bei 50% aller Fälle so.

Frauen sind häufiger von Depression betroffen als Männer. Richtig ist auch, dass immer mehr Menschen mit Depression diagnostiziert werden und dass die Menschen immer früher depressiv werden.

4. Symptome

Im ICD (das Standardwerk der WHO, mit dem in Deutschland Krankheiten diagnostiziert werden) werden die Symptome aufgelistet anhand derer Du eine Depression erkennst. Hierbei gibt es 3 Hauptsymptome und 7 Zusatzsymptome. Die 3 Hauptsymptome sind:

  • traurig, gedrückte Grundstimmung
  • Verlust von Interessen
  • Verringerter Antrieb (geringe Energie, um Dinge zu tun)

Die 7 Zusatzsymptome sind: Verminderte Konzentrationsfähigkeit, Schlafstörungen, verminderter Appetit, geringes Selbstvertrauen, Gefühle von Schuld oder Wertlosigkeit, negative Zukunftsaussichten bis hin zu Hoffnungslosigkeit, Gedanken daran sich etwas anzutun bis hin zu Handlungen. Bei den Zusatzsymptomen müssen nicht alle Symptome für Depression erfüllt sein. Es gilt die Daumenregel: Wer die Mehrzahl an Haupt- und Zusatzsymptomen für mindestens 2 Wochen erlebt, hat wahrscheinlich eine Depression. Eine Diagnose kann allerdings am Besten ein Psychologe oder Arzt stellen.

5. Ursachen der Depression aus der ACT Perspektive

Aus der ACT Perspektive gehen wir davon aus, dass Menschen die als depressiv bezeichnet werden in eine Vermeidungsspirale gekommen sind. Es werden unangenehme innere Zustände wie Traurigkeit, Angst, Scham vermieden indem aus der Sprache abgeleitete Regeln befolgt werden: „Ich habe keine Lust rauszugehen“, „Ich bin nichts wert“, „Immer mache ich das falsch“. Alle diese unangenehmen Zustände lassen sich durch Rückzug oder Kampf mehr oder weniger gut vermeiden. Kurzfristig sind diese unangenehmen Zustände scheinbar verschwunden. Sie kommen aber wieder! Wie ein Ball, den man versucht unter Wasser zu drücken! Meist sind die langfristigen Kosten solchen „Vermeidungsverhaltens“ sehr hoch: Einsamkeit, noch mehr Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit. Man fängt wieder von vorne an mit dem Vermeidungsverhalten und gerät so in einen Teufelskreis. Hinzu kommen der Verlust des Bezuges zum gegenwärtigen Augenblick. Das „depressive Selbst“ verliert sich lieber in Grübeleien über die Vergangenheit oder in Sorgen um die Zukunft. Dabei verlieren wir den Kontakt zu dem Jetzt und den Erfahrungen, die es dabei zu machen gibt.

6. Was können Angehörige tun?

Das ist eine der schwierigsten Aspekte der Depression. Angehörige leiden mit und möchten helfen. Manchmal ist dieses Helfen allerdings kontraproduktiv.

„Der Weg in die Hölle ist gepflastert mit guten Vorsätzen!“

Wer z.b. dem Angehörigen versucht alles abzunehmen vermindert auch die Selbstheilungskräfte des Betroffenen. Das kann so weit führen, dass der Partner Teil der Vermeidung des Betroffenen wird. Die Schwierigkeit besteht darin, den Anderen sowohl in seiner Depression zu mögen. als auch ihm dabei zu helfen da raus zu kommen.

7. Therapien

Es gibt viele Ansätze, um Depression zu behandeln. Neben der kognitiv-behavioralen Psychotherapie sind die psychoanalytische und tiefenpsychologische Psychotherapie zu nennen. Die Akzeptanz und Commitment Therapie (ACT) ist ein besonderer Teil der kognitiv-behavioralen Psychotherapie. ACT konzentriert sich auf das Verhalten (= Behavior) und hat einen eher ganzheitlichen Ansatz an das menschliche Dasein. Was ACT genau ist lässt sich hier nachlesen.

8. Kann Depression geheilt werden?

Ich verwende den Begriff Heilung nicht im Bereich von psychischen Problemen. Wie ich oben geschrieben habe ist eine Depression eine natürliche Reaktion auf das Leben. Also muss an dieser Reaktion auch nichts „geheilt“ werden. Die entscheidende Frage lautet: Möchtest Du SO dein Leben verbringen? Depressiv zu sein ist eine Art und Weise durch das Leben zu gehen. Und jeder Mensch gestaltet sein Leben in den Möglichkeiten, Wünschen und Hoffnungen, die er oder sie nun mal hat. Wir haben ein Gehirn, was eben nicht für die Art von Welt gemacht wurde (sondern für eine Welt voller Gefahren und wilder Tiere). Im Anblick der Depression trägst Du die Verantwortung, wie Du damit umgehen möchtest.

Was die nackten Zahlen angeht: Ja, im Rahmen von Psychotherapie oder medikamentöser Behandlung kommt es für viele (leider nicht für alle) zu einer bedeutenden Verbesserung in der Stimmung und der Lebensenergie (Antrieb). Für viele Menschen ist eine depressive Phase ein einmaliges Ereignis in ihrem Leben. Für einige Menschen kommen immer wieder depressive Phasen in ihrem Leben vor.

9. Helfen Anti-Depressiva?

Kommt darauf an. Anti-Depressiva helfen dabei die Stimmung zu stabilisieren und den Antrieb zu verbessern. Die entscheidenden Frage, ob das zu einer langfristigen Veränderung im Verhalten führt. Wofür kann man die veränderte Stimmung nutzen? Um Schritte in die Richtung zu machen, die für einen wichtig ist? Oder werden Anti-Depressiva benutzt, um von unangenehmen Zuständen wegzukommen?

Wichtig: Anti-Depressiva machen nicht abhängig! Aber beim abrupten Absetzen kann es zu „Absetzerscheinungen“ kommen. Das reicht von Übelkeit und Kopfschmerzen bis zu Durchfall oder einer erneuten depressiven Episode. Deshalb ist es ratsam Anti-Depressiva nur in Absprache mit einem Arzt abzusetzen.

10. Psychotherapie hilft!

Viele klinische Studien haben gezeigt, dass Psychotherapie hilft. Mindestens genauso gut, wie Medikamente. Meist ist die Besserung im Anschluss an eine Psychotherapie nachhaltiger. Das „Rückfallrisiko“ ist geringer bei einer Psychotherapie. Wie oben beschrieben gibt es verschiedene Ansätze, um Depression zu behandeln. Der am Besten beforschte Ansatz ist die „kognitv-behaviorale“ Psychotherapie. Danaben gibt es noch die „psychodynamischen“ Ansätze, systemische Psychotherapie, humanistische Psychotherapie oder auch die Gestalttherapie.

Die Akzeptanz und Commitment Therapie ist in den letzten Jahren zunehmend vertreten im Bereich der Psychotherapie und hilft immer mehr Menschen ein erfülltes, reichhaltiges Leben zu führen, in dem auch Platz für Schmerz und Traurigkeit ist ohne sich diesen Gefühlen zu ergeben.

Depression ist ein lebensbeeinträchtigender Zustand. Viele Menschen haben schon Bekanntschaft damit gemacht. Psychotherapie hilft dabei Antriebslosigkeit und Freudlosigkeit zu überwinden und eine erfüllteres Leben zu führen.

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