Es ist Zeit für eine Feststellung: Unser Verstand hat seine Grenzen! Er hilft uns in vielen Bereichen und in manchen ist er hinderlich. Auf manchen Reisen kann er nicht mitkommen. So gerne er auch wollte. Dieser Artikel handelt von den Reisen, auf den der Verstand leider zu Hause bleiben muss.
Der Sprung vom Stuhl
Bist du schon mal von einem Stuhl gesprungen? Ich mache das regelmäßig mit den Menschen mit denen ich zusammen arbeite. Es entstehen dabei interessante Erfahrungen und für einen Moment ist dieses Ding zwischen unseren Ohren mal nicht der Mittelpunkt, sondern wir, in unserer ganzen Fülle. Warum mache ich das?
Der Verstand: Manchmal hilfreich und manchmal leider nicht
Unser Verstand ist ein wichtiger Teil unserer Welt und kann uns in vielen Bereichen des Lebens großartige Dienste erweisen. Er löst Matheaufgaben, plant unseren Urlaub, warnt uns vor Gefahren. Leider hat es während unserer Evolution nicht geklappt einen AUS-Schalter für diesen Verstand uns einzubauen. (Wahrscheinlich aber gut so!) Daher schaltet sich dieser Verstand jeden Morgen ganz ungefragt ein und beim schlafen gehen wieder aus. (Manchmal klappt das mit dem Ausschalten nicht so gut. Das nennen wir dann „Schlafstörung“ oder „Grübeln“)
Der Verstand entfernt uns vom „Hier und Jetzt“
Immer wieder meldet sich der Verstand auch ganz ungefragt: „Eigentlich wollte ich mich doch mit meinen Kollegen unterhalten. Stattdessen überlege ich gerade, was ich heute abend noch einkaufen muss.“ Unser Verstand steht selten still. Er plant, berechnet, überlegt ständig. Er mag vor allem keine Stille und Ruhe.
Der Sonnenuntergang und der Verstand
Aber was macht der Verstand beim Betrachten eines Sonnenuntergangs? Oder wenn wir unser Kind im Arm halten? Da gibt es nichts zu verstehen oder zu planen. Es geht um das Spüren, das Fühlen und das „DA“ sein.
Ein Leben im Abstand zur inneren Wortmaschine
Um ein vitales und reichhaltiges Leben zu führen können ist es wichtig Dinge zu tun, bei denen unser Verstand nicht mitkommen kann.
Probiere doch mal eine der folgende Übung aus der Akzeptanz und Commitmenttherapie aus:
- Stelle dich auf einen Stuhl, schaue dich um und dann vertrau auf die Schwerkraft und lass dich fallen und spüre wie du fällst und landest.
- Geh zehn Schritte in deiner Wohnung, lege dich hin. Genau. Auf den Boden und spüre wie es sich dort anfühl, wie es von dort unten aussieht und wie es dort riecht. Der Witz ist obwohl wir unsere Wohnung in und auswendig kennen gibt es Orte und Perspektiven, die wir nie so erlebt haben.
- Eine interessante Übung ist die folgende: Du machst sie am Besten, wenn du ein wenig Hunger verspürst. Nimm dir etwas zu essen. Etwas was du gerne magst. Führe es zum Mund und lasse es offen, ob du es isst oder nicht. Verbleibe in einem offenen Zustand, wo du selber unklar bleibst ob du gleich zubeißt oder eben nicht. Und nun beobachte was dein Verstand dir erzählt. Wichtig: Egal welche Gedanken aufkommen, versuche in diesem offenen Zustand zu bleiben. Und beobachte. Wichtig: Beende diese Übung nicht damit zu essen sondern indem du dein Essen weglegst und danach entscheidest, ob du isst oder nicht.
Der Sprung ins Leben
Springen ist ein bisschen wie Leben. Es geht in unserem Leben darum Dinge zu tun, die uns wichtig sind. Und bei manchen Dingen wissen wir nicht so genau was passieren wird, aber wir können darauf vertrauen, dass wir alles in uns tragen, was wir brauchen, um diese Situation zu bewältigen. Diese Freude auf das Leben macht uns lebendig und echt! Einer meiner größten Sprünge war z.B. dieser Blog. Mein Verstand hatte tausendundeinen Einwand dagegen. Ich bin gesprungen und bin immer noch aufgeregt, was hier so passiert.
Kommentare 2
Ich habe den Sprung gewagt, meine Heimatstadt, wegen der Arbeit zu verlassen.Das war vor 14 Jahren. Seitdem habe ich sehr starke Einsamkeitsgefühle und auch den Eindruck, dass sich in meinem Leben nichts verändert. Hinzu kommt Heimweh und die Flucht in das Elternhaus, weil man dort so angenommen wird, wie man ist. Durch die Verstandesübungen, wurde dieser ein wenig weiter und kam zur Ruhe. Eine andere Perspektive einnehmen zu können, löste mich allerdings nicht von dem Gefühl, hier völlig allein zu sein. Ich habe mir mein Leben so einsam nicht vorgestellt. Wie kann ich aufgrund der Wohnsituationsveränderung Profit schlagen, mir einen funktionierenden Freundes-und Bekanntenkreis aufbauen, wenn meine Gefühle meine Offenheit dafür unter Verschluss halten. Ich habe innerlich sehr stark aufgegeben und möchte das ändern. Diese Übungen helfen dabei vielleicht.
Liebe Christina,
Danke für deinen offenen Kommentar. Ich finde Einsamkeit ist einer der stärksten Gefühle und ich kenne es auch gut. Und es ist ein verdammt unangenehmes Erlebnis sich so verlassen zu fühlen, während all die Menschen um einen herum ihr schönes Leben führen. Aber ich verrate Dir etwas: Alle Menschen fühlen sich früher oder später mal einsam und verlassen. Es gibt manche Menschen, die das schon sehr früh erlebt haben. Und ich denke ein wichtiger Schritt ist es der Einsamkeit Platz zu schaffen und dann den Sprung zu wagen ins Leben. Danke nochmal für deinen inspirierenden Kommentar.
Alles Gute auf deinem Weg! Ich würde mich freuen davon zu lesen 🙂