Jeden Tag rinnt die Zeit durch unsere Hände. Träumst Du von einem anderen Leben? Ein…
Dieser Text zum Thema Sucht erschien zuerst bei MyMONK. Mit freundlicher Genehmigung darf ich ihn hier wieder veröffentlichen.
Alkoholsucht, Tablettensucht, Spielsucht, Facebooksucht, Emailsucht, Bloggingsucht,… Der Mensch ist in der Lage aus allen Verhaltensweisen ein wiederkehrendes, selbstzerstörerisches Muster zu machen. Wieso ist das so? Woran kannst Du erkennen, ob Du Dich in diesem Kreislauf befindest? Und vor allem: Wie kommst Du wieder raus? Hier findest Du Antworten.
Ich habe Drogen genommen. Einige. Nicht alle. Ich bin sogar ein wenig stolz darauf.
Was? Wie kannst Du darauf stolz sein? Darf man sowas? Drogen sind doch böse und bäh…
Gerade bei Drogen schießen die Emotionen in den Himmel. Meine Eltern haben mir mitgegeben, dass Drogen sehr sehr gefährlich sind. In meiner Kindheit war ich sehr ängstlich und habe nie gekifft ganz zu schweigen andere Drogen ausprobiert. Alkohol habe ich mit 16 oder 17 das erste Mal getrunken. Ich kam erst im Erwachsenenalter mit anderen Stoffen in Berührung. Zum Glück! Wer weiß was passiert wäre…
Denn: Meine Eltern hatten Recht! Ich gehöre definitiv zu den Menschen, die anfällig sind eine Sucht zu entwickeln. Nichtsdestotrotz war es wichtig, dass ich das selbst herausfinde! Ich habe meine Angst vor den Drogen überwunden und darauf bin ich auch stolz. Ich habe meine riesigen moralischen Gewissensbisse überwunden (Meine größte Befürchtung war, dass mich meine Freunde dann verlassen würden).
Meine Erlebnisse mit den Drogen waren wichtig, um den Beginn eines Prozesses zu erleben, den ich nun tagtäglich in meiner Arbeit als Suchttherapeut vom Ende her sehe.
In Deutschland gibt es etwa 1,3 Millionen Alkoholabhängige Menschen und nochmal genauso viele Medikamentenabhängige und etwa 400.000 Spielsüchtige. Neu hinzugekommen sind Internetsucht (Surfen, Facebook, Twitter, etc.) und Computerspielsucht (World of Warcraft).
Die neuen Abhängigkeiten von sozialen Medien ist die Plage unserer modernen Welt: Wir scheinen vernetzt und „glücklich“ zu sein. Im Hintergrund macht sich die Leere breit. Dies führt zu Depression und fördert die Depression, wenn man schon eine hat. Depression und Facebookkonsum sind eine gefährliche Kombination. Sie verstärken sich gegenseitig.
Ich war nie abhängig, da ich früh bemerkte, was da mit mir passierte. Ich tat Dinge, die ich sonst nie mache. Erschreckend! Aufhören fiel mir leicht, aber ich habe diese Sogwirkung gespürt. Auch in anderen Bereichen erlebe ich diese Sogwirkung: Bei Computerspielen. Dort passiert genau das gleiche. Ich kann nicht wie andere Menschen ein Spiel spielen und dann aufhören. Ich muss es bis zum Ende spielen, durch die Nacht… Ohne Ende.
Suchtverhalten hat wie alle Verhaltensweisen eine Funktion. Das Verhalten befriedigt ein Bedürfnis, stillt ein Verlangen, macht etwas weg oder fügt etwas hinzu. Menschen suchen in ihrem übermäßigen Verhalten verschiedenste Dinge: Ruhe, Aufregung, Wohlbefinden, positive Stimmung, Anerkennung, usw. Und wir wollen, dass andere Dinge verschwinden z. B. Angst, Hilflosigkeit, Erinnerungen an schmerzhafte Momente.
Damit gibt es zwei Probleme: 1. Es funktioniert (Ja Facebook funktioniert um Einsamkeit zu unterdrücken). 2. Es ist nicht nachhaltig.
Die Befriedigung verschwindet relativ schnell nach Beendigung der Handlung und ein Loch entsteht. Leere, Mangel, Unwohlsein, Unruhe ist die Folge. Und dann entsteht der Wunsch eben diese Gefühle wieder weg zu machen.
Die Leere wird mit demselben Verhalten gefüllt, was dieses Loch hat entstehen lassen. Alkohol, Essen, Pornos… Das ist der Teufelskreis, der in die Sucht führt. Leere wird mit Leere gefüllt und das Loch wird immer größer. Das Verlangen wird stärker, die Einsamkeit, der Mangel immer intensiver und es scheint als könnte es nichts anderes geben, was die Leere füllen könnte.
Das ist die Außenperspektive.
Freude und Lust entsteht anfänglich beim Suchtverhalten (übrigens völlig egal ob Alkohol, Pornos oder Essen). Dopamin, ein Botenstoff, der verantwortlich ist für Glücksgefühle wird beim Essen, Sex oder Alkohol ausgeschüttet.
Das Gehirn passt sich an diesen Zustand. Die Verbindungen im Gehirn werden so angepasst, dass dieser Zustand immer wieder erzeugt wird. Das Gehirn beginnt damit Dopamin schon auszuschütten bevor wir z. B. Drogen konsumieren. Das Lustvolle wird vorweg genommen und führt uns immer wieder in das Verhalten hinein. Zu Beginn einer Sucht erleben wir positive Gefühle. (Deshalb ist es auch so schwer wieder davon loszukommen. Wir wollen wieder dorthin.) Erst im Verlauf wird aus diesen positiven Gefühlen ein Mangel. Wir brauchen die Pornos, den Alkohol, um uns normal zu fühlen.
Und immer wieder erlebst Du: Mir geht es gut wenn ich was trinke, spiele, etc. Für den Moment. Der Mangel wird nicht dem Konsum zugeschrieben. Diese Brücke fehlt. Diese Brücke baut sich erst langsam auf wenn Du mitbekommst, dass dein eigenes Verhalten negative Auswirkungen auf die Umwelt hat.
Hat es nicht. Ich weiß.
Der wichtigste Punkt ist das Erkennen des Suchtverhaltens und sich klar zu machen, dass es völlig normal ist. Unser Gehirn ist darauf programmiert angenehme Zustände anzustreben. Als sich unser Gehirn entwickelte gab es nur ein paar ausgewählte angenehme Aktivitäten: Essen, Schlafen, Sex und soziale Interaktionen.
Jetzt gibt es zusätzlich: Alkohol, Drogen, Facebook, Computerspiele, Pornos, u.v.a… Diese neuen Verhaltensweisen nutzen den gleichen Mechanismus in unserem Gehirn, welcher dafür verantwortlich ist, dass wir Essen oder Sex schön finden. Aktivitäten, die wichtig sind, werden wiederholt. Immer wieder.
Computerspiele nutzen die Mechanismen unseres Gehirns auf ganz perfide Weise. Gleich am Anfang werden kleine Erfolgserlebnisse geschaffen, um zügig deine Botenstoffe im Gehirn in Wallung zu bringen und Dir ein angenehmes Gefühl zu geben.
Soweit so unproblematisch. Ist doch schön, dass wir so tolle Spiele und Beschäftigungen haben. Was aber, wenn die Spiele dich abhalten die wichtigen Dinge in deinem Leben auszuleben? Wenn Du lieber Pornos schaust statt echten Sex zu haben? Wenn Du lieber Facebook nutzt statt mit Freunden abends auszugehen oder mit deinem Mann zu reden?
Wie kannst Du aus dieser Misere herauskommen? Wie kannst Du aus diesem Teufelskreis austreten und ein Leben führen, was Du bestimmst und nicht dein Konsum?
Am besten so wie Du hineingekommen bist. In kleinen Schritten. Und einem großen Sprung!
Aber bevor Du auch nur daran denkst irgendwas zu ändern, stelle dir folgende Frage: „Was will ich mit meinem Leben machen, wenn ich nicht mehr dieses Suchtverhalten habe? Wie soll mein Leben ohne Konsum aussehen?“
Willst Du mehr Kontakt mit Deiner Familie? Möchtest Du ruhiger und gelassener Leben? Willst Du einfach mehr Zeit haben für Dich? Mehr Sport treiben?
Du brauchst eine sehr bildliche Vorstellung von dem, was passieren soll. Nimm Dir Zeit. Wie sieht dein perfekter Tag aus? Was machst Du an so einem Tag?
Hast Du eine klare Vorstellung, was in deinem Leben sein soll, wende Dich Deinem Suchtverhalten zu. Die Menschen mit denen ich arbeite sagen ganz schnell: „Ich muss damit aufhören!“ So einfach ist das aber nicht. Das Verhalten hat eine Funktion und hält wichtige Informationen über Dich bereit. Was Du brauchst und was Dir fehlt. Du solltest anfangen, Dich auf die Suche zu machen, was Du benötigst oder was Dir fehlt. Ist es Einsamkeit, die Du wegmachen möchtest?
Nun kannst Du beginnen einen Plan zu machen. Z.B. Bei Einsamkeit: Mit wem möchtest Du mehr in Kontakt treten? Wen willst Du anrufen oder treffen? Brauchst Du mehr Kick oder Aufregung im Leben? Dann schaue welche anderen Aktivitäten Dir Spannung bereiten? Was kannst Du neues machen in den nächsten Wochen?
Hier sind 4 Schritte, die dir helfen können Dich auf den Weg zu machen:
Bei stoffgebundenen Süchten kommen noch körperliche Entzugssymptome hinzu. Diese Phase solltest Du nicht alleine und am besten unter ärztlicher Beobachtung durchleben.
Gewöhnlich braucht es einige Durchgänge bis Du es schaffst aus dem ausgetreten Pfad herauszukommen. Denn: „Rückfälle gehören zur Sucht dazu.“ Auch auf dem Weg aus der Sucht heraus! Sei freundlich mit Dir. Ermuntere Dich statt Dich herunterzumachen. Frag jemanden, ob er Dich auf diesem Weg unterstützen kann. Jemand, den Du anrufen kannst, wenn es Dir schlecht geht. Jemand, der Dich aufmuntert.
Das Bild des laufenden Kindes kann Dir helfen! Ein Kind, was beginnt laufen zu lernen geht einen Schritt, fällt hin, steht auf, fällt wieder hin. Mal hat es jemanden an der Seite. Mal ist es alleine. Nie käme ein Kind auf die Idee aufzugeben! Jeden Tag ist ein neuer Versuch. Erst wackelig, dann immer besser. Genauso fühlt sich der Weg aus der Sucht an. Jeden Tag ein bisschen wie laufen lernen.
Bevor Du mit den ersten Schritten beginnst: Bring Dein vorgestelltes Bild ins Spiel. Am besten fängst Du heute schon mit deinem „neuen Leben“ an. Was kannst Du heute tun, was Dir wichtig ist? Wer ist wichtig in Deinem Leben? Mit wem möchtest Du Zeit verbringen? Was möchtest Du für andere Menschen tun? Zögere nicht, sondern nimm Dein Leben in die Hand! Du kannst es schaffen! Veränderung ist möglich! Ich glaube an Dich!
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